Das hat es so bisher noch nicht gegeben: Roboter werden an die Zusammenarbeit mit Menschen angepasst, die zu 90 bis 100% schwerbehindert und besonders in ihrer Feinmotorik stark beeinträchtigt sind. Jetzt trafen Mensch und Roboter erstmals zu Musteranwendungen in der Caritas Wertarbeit zusammen. Der Roboter ergänzt und erweitert die physischen und kognitiven Fähigkeiten der schwermehrfachbehinderten Personen und nimmt belastende Arbeiten ab. Mensch und Roboter arbeiten dabei gleichzeitig am selben Objekt. So lässt sich das Spannungsfeld zwischen einer wirtschaftlichen Produktivität und der Inklusion von Menschen mit Behinderung auflösen. Das Ziel: In Zukunft selbstbestimmt über eine Tätigkeit auf dem ersten Arbeitsmarkt entscheiden zu können.
12 Menschen mit Behinderung der Caritas Wertarbeit nehmen an dem auf drei Jahre angelegten Projekt „next generation“ mit der Kölner Caritas als Projektträger in Kooperation mit der RWTH Aachen und der Fachhochschule des Mittelstands (FHM) teil. Zugeschnitten auf die Fähigkeiten der Teilnehmenden wählten die Projektpartner der RWTH Aachen, Carlo Weidemann und Elodie Hüsing, vorgefertigte Robotertypen aus und programmierten sie entsprechend realer Anwendungen aus der Industrie. An drei Tagen konnten die Teilnehmenden jetzt die Roboter testen. Die Projektpartner der FHM und der Caritas Wertarbeit beobachteten die Zusammenarbeit mit den Robotern und befragten alle Beteiligten nach ihrer Einschätzung.
Der 31-jährige Daniel I. kann es kaum erwarten, die drei unterschiedlichen Roboter auszuprobieren. Durch seine körperliche Behinderung kann er nur einen Arm einsetzen, das schränkt seine Tätigkeiten bei der Caritas Wertarbeit bisher ein: Seine Aufgabe zurzeit ist das Scannen von Rechnungen. Mit Roboterunterstützung möchte er sein Tätigkeitsfeld weiterentwickeln.
Eine von drei unterschiedlichen Musteranwendungen heute besteht in der Prüfung fehlerhafter Bauteile. Dabei sind zwei der Roboter mit Gelenkarm und Greifzange so programmiert, dass sie Bauteile auf Anforderung anreichen. Daniel I. entscheidet mittels verschiedener Bedienelemente, Knöpfe, Touchscreen oder Joystick, ob ein Bauteil als schadhaft aussortiert oder weiterverwendet wird. Schnell hat er die Anwendungen erfasst und arbeitet in der maximalen Geschwindigkeit mit den Robotern zusammen.
Ein dritter Roboter ist als verlängerter Arm für Alltagsanwendungen gedacht und lässt sich auch am Rollstuhl befestigen. „Das müsste ich noch etwas länger trainieren, um alle Anwendungen nutzen zu können. Diese Bedienung ist auf jeden Fall komplexer.“ meint Daniel I. Sein Fazit nach der einstündigen Testphase mit den Robotern: „Es hat mir großen Spaß gemacht und ich bin gut mit den Anwendungen zurechtgekommen. Zusätzlich sollten die Roboter noch mit Sprache und Tonsignalen ausgestattet werden,“ ist seine Anregung. „Ich kann mir gut vorstellen, später mit Robotern zusammen zu arbeiten. Das Wichtigste für mich ist dabei, dass ich selbstständig arbeiten kann. Ich will nicht immer auf Hilfe angewiesen sein.“
Nach dem heutigen Tag und den Rückmeldungen der Teilnehmenden wird entschieden, welcher der drei Roboter auf dem fertigen Arbeitsplatz verwendet wird, um die Bedürfnisse der Nutzenden weiter mit einzubeziehen. Der nächste Schritt ist die Einrichtung von Arbeitsplätzen auch in den kooperierenden Unternehmen. Nach intensiven Schulungen kann dann die gemeinsame Arbeit von Mensch und Roboter beginnen.
Autorin: Marianne Jürgens